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Gesetz
zur Vorbeugung und Abwehr
der von Hunden ausgehenden Gefahren
(Gefahrhundegesetz - GefHG)

Vom 28. Januar 2005
Gl.-Nr.: 2011-1

Fundstelle: GVOBl. Schl.-H. 2005 S. 51



Inhaltsübersicht

§ 1 Zweck des Gesetzes
§ 2 Allgemeine Pflichten
§ 3 Erlaubnispflicht
§ 4 Beantragung der Erlaubnis
§ 5 Voraussetzungen und Inhalt der Erlaubnis
§ 6 Zuverlässigkeit
§ 7 Persönliche Eignung
§ 8 Sachkunde
§ 9 Haftpflichtversicherung
§ 10 Besondere Pflichten für das Halten und Führen gefährlicher Hunde
§ 11 Wesenstest
§ 12 Zuchtverbot
§ 13 Mitwirkungspflichten, Betretungsrecht, Grundrechtseinschränkung
§ 14 Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder
§ 15 Ausnahmen vom Anwendungsbereich
§ 16 Aufgabe, zuständige Behörde
§ 17 Sonstige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr
§ 18 Ordnungswidrigkeiten
§ 19 Inkrafttreten, Außerkrafttreten


§ 1 Zweck des Gesetzes

Zweck des Gesetzes ist es, Gefahren für die öffentliche Sicherheit vorzubeugen und abzuwehren, die mit dem Halten und Führen von Hunden verbunden sind.

 
§ 2 Allgemeine Pflichten

(1) Hunde sind so zu halten und zu führen, dass von ihnen keine Gefahren für die öffentliche Sicherheit ausgehen. Eine Hundehalterin oder ein Hundehalter darf einen Hund nur solchen Personen überlassen, die die Gewähr dafür bieten, den Hund sicher im Sinne des Satzes 1 zu führen.

(2) Hunde sind an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen

   1. in Fußgängerzonen, Haupteinkaufsbereichen und anderen innerörtlichen
       Bereichen, Straßen und Plätzen mit vergleichbarem Publikumsverkehr,

   2. bei öffentlichen Versammlungen, Aufzügen, Volksfesten und sonstigen
       Veranstaltungen mit Menschenansammlungen,

   3. in der Allgemeinheit zugänglichen umfriedeten oder anderweitig begrenzten
       Park-, Garten- und Grünanlagen mit Ausnahme besonders ausgewiesener
       Hundeauslaufgebiete,

   4. bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern, in Aufzügen, in
       Fluren und in sonstigen von der Hausgemeinschaft gemeinsam genutzten Räumen,

   5. in öffentlichen Gebäuden und öffentlichen Verkehrsmitteln,

   6. in Sportanlagen und auf Zelt- und Campingplätzen,

   7. auf Friedhöfen,

   8. auf Märkten und Messen.

Die zuständige Behörde kann von Satz 1 Ausnahmen zulassen, wenn im Einzelfall Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden.

(3) Es ist verboten, Hunde mitzunehmen in

   1. Kirchen, Kindergärten, Schulen und Krankenhäuser,

   2. Theater, Lichtspielhäuser, Konzert-, Vortrags- und Versammlungsräume und

   3. Badeanstalten sowie auf Badeplätze, Kinderspielplätze und Liegewiesen.

Ferner ist es verboten, Hunde dort laufen zu lassen. Die Inhaberin oder der Inhaber des Hausrechts der in Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Einrichtungen kann Ausnahmen zulassen, wenn im Einzelfall Menschen, Tiere oder Sachen nicht gefährdet werden.

Durch andere Rechtsvorschriften begründete Anleinpflichten und Mitnahmeverbote, die über die Regelungen in den Absätzen 2 und 3 hinausgehen, bleiben unberührt.

Wer einen Hund außerhalb des befriedeten Besitztums der Hundehalterin oder des Hundehalters führt oder laufen lässt, hat diesem ein Halsband, eine Halskette oder eine vergleichbare Anleinvorrichtung mit einer Kennzeichnung anzulegen, aufgrund derer die Hundehalterin oder der Hundehalter ermittelt werden kann.

Es ist verboten, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit auszubilden. Inhaberinnen und Inhaber einer Erlaubnis nach § 34 a der Gewerbeordnung dürfen Hunde im Rahmen eines zugelassenen Bewachungsgewerbes einer ordnungsgemäßen Schutzdienstausbildung unterziehen.

 
§ 3 Erlaubnispflicht

(1) Wer einen nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 gefährlichen Hund hält, bedarf der Erlaubnis, die persönlich zu beantragen ist. Gleiches gilt für Personen, die einen Hund halten, bei dem vor Inkrafttreten dieses Gesetzes das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 der Gefahrhundeverordnung vom 28. Juni 2000 (GVOBl. Schl.-H. S. 533, ber. S. 549), geändert durch Verordnung vom 9. Mai 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 241), festgestellt wurde.

(2) Als gefährlich gelten die in § 2 Abs. 1 Satz 1 des Hundeverbringungs- und
-einfuhrbeschränkungsgesetzes vom 12. April 2001 (BGBl. I S. 530) genannten Hunde.

(3) Als gefährlich gelten ferner:

   1. Hunde, die eine über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft,
       Angriffslust, Schärfe oder eine in ihrer Wirkung vergleichbare, Mensch oder
       Tier gefährdende Eigenschaft, insbesondere Beißkraft und fehlende
       Bisslösung, besitzen,

   2. Hunde, die einen Menschen gebissen haben, sofern dies nicht zur
       Verteidigung anlässlich einer strafbaren Handlung geschah,

   3. Hunde, die außerhalb des befriedeten Besitztums der Hundehalterin oder des
       Hundehalters wiederholt in gefahrdrohender Weise Menschen angesprungen
       haben oder ein anderes Verhalten gezeigt haben, das Menschen ängstigt,

   4. Hunde, die ein anderes Tier durch Biss geschädigt haben, ohne selbst
       angegriffen worden zu sein, oder die einen anderen Hund trotz dessen
       erkennbarer artüblicher Unterwerfungsgestik gebissen haben oder

   5. Hunde, die durch ihr Verhalten gezeigt haben, dass sie unkontrolliert Wild,
       Vieh oder andere Tiere hetzen oder reißen.

(4) Über das Vorliegen der Voraussetzungen des Absatzes 3 entscheidet die zuständige Behörde. Widerspruch und Klage gegen diese Entscheidung haben keine aufschiebende Wirkung.

(5) Zur Prüfung, ob es sich um einen gefährlichen Hund nach Absatz 2 oder Absatz 3 Nr. 1 handelt, kann die zuständige Behörde eine Begutachtung des Hundes bei einer Tierärztin oder einem Tierarzt, die oder der in der Verhaltenskunde von Hunden erfahren ist, auf Kosten der Hundehalterin oder des Hundehalters anordnen.

(6) Personen, die mit einer nach § 11 des Tierschutzgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 25. Mai 1998 (BGBl. I S. 1105, 1818), zuletzt geändert durch Artikel 153 der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), erteilten Erlaubnis ein Tierheim oder eine ähnliche Einrichtung betreiben,
bedürfen für die dort untergebrachten Hunde keiner Erlaubnis nach Absatz 1.

(7) Einer Erlaubnis nach Absatz 1 bedarf ferner nicht, wer seine alleinige Wohnung oder Hauptwohnung außerhalb Schleswig-Holsteins hat und sich nicht länger als zwei Monate ununterbrochen in Schleswig-Holstein aufhält. 
 

§ 4 Beantragung der Erlaubnis

Beantragt eine Hundehalterin oder ein Hundehalter eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 1, gilt das Halten des Hundes bis zur Entscheidung über den Antrag als erlaubt. Die Person, die den Hund führt, hat eine von der zuständigen Behörde auszustellende Bescheinigung über die Antragstellung mitzuführen und auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
 

§ 5 Voraussetzungen und Inhalt der Erlaubnis

(1) Die Erlaubnis ist nur zu erteilen, wenn

   1. die Hundehalterin oder der Hundehalter das 18. Lebensjahr vollendet hat und
       die zum Halten des gefährlichen Hundes erforderliche Zuverlässigkeit (§ 6),
       persönliche Eignung (§ 7) und Sachkunde (§ 8) besitzt,

   2. der Hund mit einer elektronisch lesbaren Marke (Mikrochip) unveränderlich
       gekennzeichnet ist und

   3. der Abschluss einer Haftpflichtversicherung (§ 9) zur Deckung der durch den
       Hund verursachten Schäden nachgewiesen ist.

(2) Ist die Hundehalterin oder der Hundehalter eine juristische Person, sind die Anforderungen des Absatzes 1 Nr. 1 durch die für die Betreuung des Hundes verantwortliche Person zu erfüllen.

(3) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat der Behörde innerhalb von drei Monaten nach Antragstellung die Unterlagen vorzulegen, die erforderlich sind, um das Vorliegen der Erlaubnisvoraussetzungen zu prüfen. Die Frist kann auf Antrag um höchstens drei Monate verlängert werden. Werden die Unterlagen bis zum Ablauf der Frist nicht vorgelegt, ist die Erlaubnis zu versagen.

(4) Die Erlaubnis ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht mehr vorliegen. Die Erlaubnis kann befristet sowie mit Bedingungen und Auflagen verbunden werden. Auflagen können auch nachträglich aufgenommen, geändert oder ergänzt werden.

(5) Widerspruch und Klage gegen die Versagung der Erlaubnis haben keine aufschiebende Wirkung.
 

§ 6 Zuverlässigkeit

(1) Die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt in der Regel nicht, wer

   1. wegen

      a) unerlaubten Umgangs mit gefährlichen Hunden,

      b) einer Straftat nach dem Tierschutzgesetz, dem Waffengesetz vom
          11. Oktober 2002 (BGBl. I S. 3970, ber. S. 4592), dem Gesetz über die
          Kontrolle von Kriegswaffen in der Fassung der Bekanntmachung vom
          22. November 1990 (BGBl. I S. 2506), zuletzt geändert durch Artikel 10
          der Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), dem
          Sprengstoffgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. September
          2002 (BGBl. I S. 3518), zuletzt geändert durch Artikel 113 der Verordnung
          vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304), oder dem Bundesjagdgesetz in
         der Fassung der Bekanntmachung vom 29. September 1976 (BGBl. I S.
         2849), zuletzt geändert durch Artikel 168 der Verordnung vom 25. November
         2003 (BGBl. I S. 2304),

      c) einer anderen vorsätzlich begangenen Straftat zu einer Geldstrafe von mehr
          als 50 Tagessätzen oder zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt
          worden ist, wenn seit der letzten Verurteilung fünf Jahre noch nicht
          verstrichen sind, oder

   2. wiederholt gegen Vorschriften dieses Gesetzes oder der in Nummer 1
       Buchst. b genannten Gesetze verstoßen hat.

(2) Zur Prüfung der Zuverlässigkeit hat die Hundehalterin oder der Hundehalter ein Führungszeugnis zur Vorlage bei einer Behörde nach § 30 Abs. 5 des Bundeszentralregistergesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1984 (BGBl. I S. 1229; 1985 S. 195), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 22. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2834), zu beantragen.
 

§ 7 Persönliche Eignung

(1) Die erforderliche persönliche Eignung besitzt eine Person nicht, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie

   1. geschäftsunfähig ist,

   2. aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer geistigen oder seelischen
       Behinderung nach § 1896 des Bürgerlichen Gesetzbuches betreut wird,

   3. von Alkohol oder Betäubungsmitteln abhängig ist oder

   4. aufgrund geringer körperlicher Kräfte den Hund nicht sicher führen kann.

(2) Sind Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die persönliche Eignung begründen, kann die zuständige Behörde die Beibringung eines fachärztlichen oder fachpsychologischen Gutachtens auf Kosten der betreffenden Person anordnen.
 

§ 8 Sachkunde

(1) Die erforderliche Sachkunde besitzt, wer aufgrund seiner Kenntnisse und Fähigkeiten den Hund so halten und führen kann, dass von diesem voraussichtlich keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht.

(2) Zur Prüfung der Sachkunde kann die zuständige Behörde die Vorlage einer Sachkundebescheinigung einer sachverständigen Person oder Einrichtung, die sie zur Ausbildung von Hundehalterinnen und Hundehaltern gefährlicher Hunde in der erforderlichen Sachkunde für geeignet hält, verlangen.

(3) Als sachkundig nach Absatz 1 gelten

   1. Tierärztinnen und Tierärzte sowie Inhaber einer Berufserlaubnis nach § 11 der
        Bundes-Tierärzteordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 20.
        November 1981 (BGBl. I S. 1193), zuletzt geändert durch Art. 151 der
        Verordnung vom 25. November 2003 (BGBl. I S. 2304),

   2. Personen, die zur Abnahme von Brauchbarkeitsprüfungen für Jagdhunde berechtigt sind,
 
   3. Rettungshundeführerinnen und Rettungshundeführer,

   4. Polizeihundeführerinnen und Polizeihundeführer.


§ 9 Haftpflichtversicherung

Die Haftpflichtversicherung ist mit einer Mindestversicherungssumme in Höhe von 500.000 Euro für Personenschäden und in Höhe von 250.000 Euro für Sachschäden und Vermögensschäden abzuschließen und aufrechtzuerhalten. Zuständige Stelle nach § 158 c Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag vom 30. Mai 1908 (RGBl. S. 263), zuletzt geändert durch Artikel 35 c des Gesetzes vom 24. Dezember 2003 (BGBl. I S. 2954), ist die nach § 16 Abs. 2 Satz 2 zuständige Behörde.
 

§ 10 Besondere Pflichten für das Halten und Führen gefährlicher Hunde

(1) Gefährliche Hunde sind so zu halten, dass sie ein befriedetes Besitztum gegen den Willen der Hundehalterin oder des Hundehalters nicht verlassen können.

(2) Die Hundehalterin oder der Hundehalter darf einen gefährlichen Hund außerhalb eines befriedeten Besitztums nur persönlich führen oder eine Person damit beauftragen, die eine Bescheinigung nach Absatz 7 Satz 1 besitzt.

(3) Außerhalb eines befriedeten Besitztums sind gefährliche Hunde an einer zur Vermeidung von Gefahren geeigneten Leine zu führen, die höchstens zwei Meter lang sein darf. Die Anleinpflicht gilt nicht in den als Hundeauslaufgebiet gekennzeichneten Gebieten, wenn das Hundeauslaufgebiet eingezäunt ist und der Hund einen das Beißen verhindernden Maulkorb trägt.

(4) Jedem gefährlichen Hund ist außerhalb eines befriedeten Besitztums ein leuchtend hellblaues Halsband anzulegen.

(5) Gefährlichen Hunden ist außerhalb eines befriedeten Besitztums sowie bei Mehrfamilienhäusern auf Zuwegen, in Treppenhäusern, in Aufzügen und in Fluren ein das Beißen verhindernder Maulkorb anzulegen. Dies gilt nicht für Hunde bis zur Vollendung des sechsten Lebensmonats. Die zuständige Behörde erteilt für gefährliche Hunde mit Ausnahme gefährlicher Hunde nach § 3 Abs. 3 Nr. 2 auf Antrag eine Befreiung von der Maulkorbpflicht nach Satz 1, wenn die Fähigkeit des Hundes zu sozialverträglichem Verhalten durch einen Wesenstest (§ 11) nachgewiesen ist. Für die Befreiung von der Maulkorbpflicht gilt § 5 Abs. 4 Satz 2 entsprechend.

(6) Die Hundehalterin oder der Hundehalter hat beim Führen eines gefährlichen Hundes die Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 und eine nach Absatz 5 Satz 3 erteilte Befreiung mitzuführen und auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.

(7) Die zuständige Behörde hat einer anderen Person als der Hundehalterin oder dem Hundehalter auf Antrag eine Bescheinigung darüber auszustellen, dass sie einen gefährlichen Hund außerhalb eines befriedeten Besitztums führen darf, wenn die Person die Voraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 erfüllt. Die Person hat beim Führen des Hundes diese Bescheinigung, die Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 und eine nach Absatz 5 Satz 3 erteilte Befreiung mitzuführen und auf Verlangen zur Prüfung auszuhändigen.
 

§ 11 Wesenstest

(1) Die Sozialverträglichkeit des Hundes ist durch einen Wesenstest nachzuweisen, der von einer von der Tierärztekammer Schleswig-Holstein zugelassenen Person oder Stelle durchgeführt worden ist. Der Nachweis der Sozialverträglichkeit kann auch durch einen in einem anderen Land durchgeführten Test erbracht werden, wenn dieser Test als dem Wesenstest nach Satz 1 gleichwertig anerkannt wird.

(2) Das Innenministerium wird ermächtigt, durch Verordnung die Zulassung von Personen und Stellen, die Anforderungen des Wesenstests sowie das Verfahren zur Durchführung und zur Anerkennung von Tests aus anderen Ländern zu regeln.
 

§ 12 Zuchtverbot

(1) Es ist verboten, Hunde mit dem Ziel einer gesteigerten Aggressivität und Gefährlichkeit gegenüber Menschen oder Tieren zu züchten. Dies gilt insbesondere, wenn damit gerechnet werden muss, dass bei den Nachkommen erblich bedingte Aggressionssteigerungen auftreten. Eine Aggressionssteigerung im Sinne des Satzes 2 liegt bei Hunden vor, die ein übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten aufweisen, das durch artgemäße Signale nicht hinreichend gesteuert wird. Bei Hunden im Sinne des § 3 Abs. 2 ist vom Vorliegen einer derartigen Aggressionssteigerung auszugehen.

(2) Die Hundehalterin oder der Hundehalter eines Hundes, der nach Absatz 1 nicht zur Zucht eingesetzt werden darf, hat sicherzustellen, dass eine Vermehrung mit diesem Hund nicht erfolgt. 
 

§ 13 Mitwirkungspflichten, Betretungsrecht, Grundrechtseinschränkung

(1) Die Hundehalterin oder der Hundehalter eines gefährlichen Hundes hat der zuständigen Behörde

   1. die Aufgabe des Haltens des Hundes einschließlich des Namens und der
       Anschrift einer neuen Hundehalterin oder eines neuen Hundehalters,

   2. das Abhandenkommen und den Tod des Hundes und

   3. das Beziehen einer Wohnung und den Auszug aus einer Wohnung sowie eine
       Änderung der Hauptwohnung unverzüglich schriftlich mitzuteilen.

(2) Wer einen gefährlichen Hund veräußert oder abgibt, hat der Erwerberin oder dem Erwerber mitzuteilen, dass es sich um einen gefährlichen Hund handelt.

(3) Bei einem Wechsel des Haltungsortes eines gefährlichen Hundes unterrichtet die bisher zuständige Behörde die nunmehr zuständige Behörde über eine Entscheidung nach § 3 Abs. 4 sowie die Erteilung einer Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 und einer Befreiung nach § 10 Abs. 5 Satz 3.

(4) Soweit es zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich ist, haben Hundehalterinnen und Hundehalter die ihren Hund betreffenden Feststellungen zu ermöglichen, Auskünfte zu erteilen und Unterlagen vorzulegen. Die zur Auskunft verpflichtete Person kann die Auskunft über solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie oder eine der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Personen der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(5) Bedienstete und sonstige Beauftragte der zuständigen Behörde dürfen, soweit dies zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist ,

   1. Grundstücke mit Ausnahme von Wohngebäuden jederzeit und

   2. Betriebsräume während der Betriebszeiten betreten. Das Grundrecht der
       Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 Abs. 1 des Grundgesetzes) wird
       insoweit eingeschränkt.
 

§ 14 Anerkennung von Entscheidungen und Bescheinigungen anderer Länder

Erlaubnisse, Sachkundebescheinigungen und Befreiungen, die von zuständigen Stellen anderer Länder erteilt wurden, sollen von der zuständigen Behörde anerkannt werden, wenn sie den durch dieses Gesetz gestellten Anforderungen im Wesentlichen entsprechen.
 

§ 15 Ausnahmen vom Anwendungsbereich

Dieses Gesetz gilt mit Ausnahme des § 2 Abs. 1 nicht für Diensthunde von Behörden, Hunde des Such- und Rettungsdienstes sowie des Katastrophenschutzes, Blindenführhunde, Behindertenbegleithunde, Herdengebrauchshunde und Jagdhunde im Rahmen ihres bestimmungsgemäßen Einsatzes und ihrer Ausbildung.
 

§ 16 Aufgabe, zuständige Behörde

Die Aufgaben nach diesem Gesetz mit Ausnahme des § 11 werden den amtsfreien Gemeinden und Ämtern zur Erfüllung nach Weisung übertragen. Zuständige Behörden im Sinne dieses Gesetzes sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der amtsfreien Gemeinden und die Amtsvorsteherinnen und Amtsvorsteher als örtliche Ordnungsbehörden, in deren Bezirk der Hund gehalten wird (Haltungsort).
 
 
§ 17 Sonstige Maßnahmen zur Gefahrenabwehr

(1) Unbeschadet der Vorschriften dieses Gesetzes können die zuständigen Behörden nach Maßgabe des Landesverwaltungsgesetzes die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen treffen, um eine von einem Hund ausgehende Gefahr für die öffentliche Sicherheit abzuwehren.

(2) Die Befugnis der nach § 175 Abs. 1 des Landesverwaltungsgesetzes zuständigen Behörden, zur Abwehr abstrakter von Hunden ausgehender Gefahren weitergehende Regelungen in Verordnungen über die öffentliche Sicherheit zu erlassen, bleibt unberührt.
 

§ 18 Ordnungswidrigkeiten

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
 
   1. entgegen § 2 Abs. 1 Satz 1 einen Hund nicht so hält oder führt, dass von
       diesem keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht,

   2. entgegen § 2 Abs. 1 Satz 2 einer Person überlässt, die nicht die Gewähr dafür
       bietet, den Hund sicher im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 zu führen,

   3. entgegen § 2 Abs. 2 einen Hund nicht an der Leine führt,

   4. entgegen § 2 Abs. 3 einen Hund mitnimmt oder dort laufen lässt,

   5. entgegen § 2 Abs. 5 einem Hund ein Halsband, eine Halskette oder eine
       vergleichbare Anleinvorrichtung mit der vorgeschriebenen Kennzeichnung
       nicht anlegt,

   6. entgegen § 2 Abs. 6 Satz 1 einen Hund ausbildet,

   7. entgegen § 3 Abs. 1 einen Hund ohne die erforderliche Erlaubnis hält,

   8. entgegen § 4 Satz 2 die Bescheinigung über die Antragstellung nicht mitführt
       oder aushändigt,

   9. gegen eine Auflage nach § 5 Abs. 4 verstößt,

 10. entgegen § 10 Abs. 1 einen gefährlichen Hund nicht so hält, dass er das
        befriedete Besitztum nicht gegen den Willen der Hundehalterin oder des
        Hundehalters verlassen kann,

 11. einen gefährlichen Hund entgegen § 10 Abs. 2 durch eine Person führen
        lässt, die keine Bescheinigung nach § 10 Abs. 7 Satz 1 besitzt,

 12. entgegen § 10 Abs. 3 Satz 1 einen gefährlichen Hund nicht angeleint oder
        nicht an einer geeigneten Leine führt,

 13. entgegen § 10 Abs. 3 Satz 2 oder Abs. 5 Satz 1 einem gefährlichen Hund
        keinen das Beißen verhindernden Maulkorb anlegt,

 14. entgegen § 10 Abs. 4 einem gefährlichen Hund kein leuchtend hellblaues
        Halsband anlegt,

 15. entgegen § 10 Abs. 6 die Erlaubnis oder die Befreiung nicht mitführt oder
        aushändigt,

 16. entgegen § 10 Abs. 7 Satz 2 die Bescheinigung, die Erlaubnis oder die
        Befreiung nicht mitführt oder aushändigt,

 17. entgegen § 12 Abs. 1 Hunde züchtet,

 18. entgegen § 12 Abs. 2 nicht sicherstellt, dass eine Verpaarung eines Hundes,
        der nach § 12 Abs. 1 nicht zur Zucht eingesetzt werden darf, nicht erfolgt,

 19. entgegen § 13 Abs. 1 eine Mitteilungspflicht nicht erfüllt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu 10.000 Euro geahndet werden.

(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die zuständige Behörde nach § 16.
 

§ 19 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt am ersten Tage des dritten auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft. Abweichend hiervon tritt § 11 Abs. 2 am Tage nach der Verkündung in Kraft.

(2) Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des Gesetzes nach Absatz 1 Satz 1 tritt die Gefahrhundeverordnung vom 28. Juni 2000 (GVOBl. Schl.-H. S. 533, ber. S. 549), geändert durch Verordnung vom 9. Mai 2003 (GVOBl. Schl.-H. S. 241), außer Kraft.




 



Landesverordnung
über den Wesenstest
nach dem Gefahrhundegesetz

Vom 4. März 2005
Gl.-Nr.: 2011-1-1

Fundstelle: GVOBl. Schl.-H. 2005 S. 200
gültig von: 1.4.2005 gültig bis:



Aufgrund des § 11 Abs. 2 des Gefahrhundegesetzes (GefHG) vom 28. Januar 2005 (GVOBl. Schl.-H. S. 51) verordnet das Innenministerium:
 

§ 1 Wesenstest

(1) Ziel des Wesenstests ist das Erkennen übersteigerter aggressiver Reaktionen des Hundes, die sich in gefährlicher Weise auf Mensch und Tier auswirken können. Es soll nachgewiesen werden, dass ein Hund aufgrund seines individuellen Aggressionsverhaltens keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellt, wenn er ohne Maulkorb geführt wird.

(2) Der Wesenstest umfasst folgende Elemente (Prüfelemente):

   1. Überprüfung des Gehorsams des Hundes,

   2. Verhalten bei Kontakt mit Personen in Bewegung, die auch in engen
        räumlichen Kontakt zum Hund treten,

   3. Verhalten bei Konfrontation mit unerwarteten Begebenheiten,

   4. Verhalten des Hundes bei Konfrontation mit Geräuschen,

   5. Verhalten beim Kontakt mit anderen Hunden;

   6. Verhalten des angebundenen Hundes ohne die Hundehalterin oder den
       Hundehalter in normalen Kontaktsituationen mit fremden Personen und
       Hunden. Die Prüfung erfolgt auf der Grundlage des Katalogs der
       Beurteilungssituationen nach Anlage 1.

(3) Der Wesenstest ist in der Regel auf einem für den zu prüfenden Hund neutralen Gelände durchzuführen. Der Hund darf während des Prüfungsvorgangs keinen über das normale Maß hinausgehenden Reizen ausgesetzt werden, die nachvollziehbare und natürliche Abwehrreaktionen provozieren. Die Reize müssen dem Hund in angemessener Dosierung vermittelt werden, so dass überprüft werden kann, ob der Hund, gemessen an der Reizstärke, ein der Situation nicht angemessenes Aggressionsverhalten aufweist.

(4) Ein Wesenstest soll nur mit solchen Hunden durchgeführt werden, deren Hundehalterin oder Hundehalter in Besitz einer Haltungserlaubnis nach § 3 Abs. 1 GefHG ist.

(5) Mit dem Wesenstest darf nur begonnen werden, wenn die Hundehalterin oder der Hundehalter ihr oder sein schriftliches Einverständnis zur Durchführung des Wesenstests und Weitergabe des Prüfungsergebnisses nach dem Muster der Anlage 2 erklärt hat. Die Hundehalterin oder der Hundehalter ist verpflichtet, Angaben über den Hund durch Ausfüllen des Fragebogens nach Anlage 3 zu machen. Vor Beginn des Wesenstests ist eine tiermedizinische Allgemeinuntersuchung durchzuführen, die der Erkennung organischer Schäden oder Erkrankungen dient, die zur Beeinflussung des Verhaltens des Hundes führen können. Ergeben sich Anhaltspunkte für die Verabreichung von Psychopharmaka, ist der Wesenstest abzubrechen und dies der zuständigen Behörde mitzuteilen.

(6) Von der Person oder Stelle, die den Wesenstest durchgeführt hat, ist neben einem schriftlichen Gutachten über den Wesenstest eine Bescheinigung zur Vorlage bei der zuständigen Behörde nach der Anlage 4 auszustellen. Wird die Sozialverträglichkeit des Hundes durch den Wesenstest nachgewiesen, kann eine Empfehlung zur Notwendigkeit einer Wiederholung des Wesenstests ausgesprochen werden. Wird die Sozialverträglichkeit des Hundes nicht nachgewiesen, teilt die Person oder Stelle, die den Wesenstest durchgeführt hat, dies unter Beifügung des Gutachtens der zuständigen Behörde mit. Eine erneute Durchführung des Wesenstests ist nur mit schriftlicher Zustimmung der zuständigen Behörde zulässig. Die Zustimmung darf nur erteilt werden, wenn der Hundehalter glaubhaft macht, dass sich die Gefährlichkeit des Hundes verringert hat.

(7) Der zu prüfende Hund soll mindestens fünfzehn Monate alt sein. Bei Hunden, die vor Erreichen des zweiten Lebensjahres geprüft werden, muss nach Ablauf von zwei Jahren eine Wiederholung des Wesenstests stattfinden.
 

§ 2 Zulassung zur Durchführung von Wesenstests

(1) Der Wesenstest nach § 11 Abs. 1 GefHG wird durch die von der Tierärztekammer Schleswig-Holstein zugelassenen Personen oder Stellen durchgeführt; sie können sachverständige Dritte hinzuziehen.

(2) Die Tierärztekammer Schleswig-Holstein erteilt auf Antrag schriftlich die Zulassung; die Zulassung kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Die Tierärztekammer Schleswig-Holstein führt ein Verzeichnis der zugelassenen Personen und Stellen und veröffentlicht dies in geeigneter Weise.

(3) Die Zulassung soll erteilt werden, wenn

   1. die antragstellende Person geeignet ist oder die antragstellende Stelle über
       geeignetes Personal verfügt, den Wesenstest durchzuführen; geeignet sind
       Fachtierärztinnen und Fachtierärzte für Verhaltenskunde sowie Tierärztinnen
       und Tierärzte mit der Zusatzbezeichnung Verhaltenskunde und -therapie oder
       vergleichbar qualifizierte Personen und

   2. die antragstellende Person oder Stelle den Nachweis erbringt, dass die
        räumlichen Voraussetzungen zur ordnungsgemäßen Durchführung eines
       Wesenstests vorliegen und das Prüfungsgelände gegen das Entweichen von
       Hunden ausreichend gesichert ist.
 


§ 3 Anerkennung von Wesenstests anderer Länder

Behördlich anerkannte Wesenstests, Verhaltensprüfungen oder vergleichbare Prüfungen anderer Länder, die die Feststellung rechtfertigen, dass beim ordnungsgemäßen Führen des Hundes ohne Maulkorb eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit nicht zu befürchten ist, sind als gleichwertig anzuerkennen und einer Entscheidung über die Befreiung von der Maulkorbpflicht gemäß § 10 Abs. 5 Satz 3 GefHG zugrunde zu legen. Die Anerkennung erfolgt durch entsprechende Bekanntmachung des Innenministeriums im Amtsblatt für Schleswig-Holstein.


§ 4 Anlagen

Die Anlagen 1 bis 4 sind Bestandteil dieser Verordnung.
(Die Anlagen als PDF-Dokument - 172 KB  >>>)
 
 
§ 5 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Verkündung in Kraft. Sie tritt mit Ablauf von fünf Jahren außer Kraft.




Wichtiger Hinweis:
Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des hier abgedruckten Gesetzestextes wird keine Gewähr übernommem! ALLEIN maßgebend bei der Rechtssprechung ist der Original-Gesetzestext veröffentlicht auf den offiziellen Seiten der Landesregierung bzw. im GVOBl.!