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   Seit über einem halben Jahrhundert und auch schon früher waren Freilauf für Hunde die Regel und Leinenzwang und Maulkorbzwang die Ausnahme. Der Gesetzgeber hat stets berücksichtigt, dass Hunde Lauftiere sind, die ohne entsprechende Bewegungsmöglichkeit gesundheitliche Schäden erleiden können. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass ein erzogener, folgsamer Hund von seinem Führer durch Befehle und Zeichen so geleitet werden kann, dass ein Anleinen nicht notwendig ist.

   Auch in der Rechtsprechung ist es herrschende Meinung, dass es einen allgemeinen Leinenzwang nicht gibt, und dass es eine Überspannung der Sorgfaltspflicht wäre, von jedem Hundehalter zu verlangen, seinen Hund auf öffentlichen Flächen und Straßen immer und überall an der Leine zu führen.

   Eine Anleinpflicht bestand natürlich schon immer für bösartige Hunde oder konnte dem Halter eines bissigen oder nicht beherrschbaren Hundes als ordnungsrechtliche Einzelfallmaßnahme auferlegt werden.

   Für den Straßenverkehr, einem typischen sachlich begrenzten Gefahrenbereich, galten und gelten gemäß Paragraph 28 StVO für das Mitführen von Hunden besondere Regeln.

   Die beste Leine war im übrigen immer schon die intakte Beziehung zwischen Mensch und Tier.

   Willkürliches, aber nicht unbedingt gefährliches Tierverhalten mag bei manchem Unbehagen oder gar Angst hervorrufen. Bloße Ängstigungen und Belästigungen durch Hunde rechtfertigen aber nicht einen totalen Leinenzwang. Eingriffsmaßnahmen gegen Belästigungen sind nur erlaubt, wenn das Gesetz dies ausdrücklich bestimmt.

   Ordnungsrechtliche Rechtsgrundlage für den Erlass einer kommunalen Leinenzwangverordnung ist für den Bereich des Landes Nordrhein-Westfalen Paragraph 27 Ordnungsbehördengesetz / NW. Ein genereller Leinenzwang für jede Hunderasse im gesamten Stadtgebiet als Maßnahme zur Gefahrenabwehr ist nur dann von dieser Verordnungsermächtigung gedeckt, wenn es zutrifft, dass durch jeden frei laufenden Hund im gesamten Stadtgebiet eine hinreichende (abstrakte) Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besteht.

   Der Deutsche Städtetag in Köln hat zur Frage der Gefährlichkeit von Hunden eine bundesweite Untersuchung durchgeführt. Er kommt danach zu dem Ergebnis, dass die behauptete Gefährlichkeit von Hunden stark überschätzt wird, und belegt dies mit Zahlen:
   Durchschnittlich kam es pro Jahr und Stadt zu 40 Zwischenfällen mit Hunden; 20 dieser Zwischenfälle waren Beißereien unter Hunden, 13 dieser Zwischenfälle waren sonstige Sachbeschädigungen. Nur in 6 bis 7 Fällen pro Jahr und Stadt wurden Menschen durch Hunde körperlich verletzt; der überwiegende Teil (70 Prozent) dieser Körperverletzungen wurde als leicht eingestuft und bedurfte keiner ärztlichen Versorgung.

   In Köln werden ungefähr 33.000 Hunde gehalten, die nicht gemeldeten mit eingeschlossen. Setzt man die Zahl der Zwischenfälle mit Hunden (durchschnittlich 40 in Köln pro Jahr) mit der Zahl der gehaltenen Hunde ins Verhältnis, so ergibt sich eine Gefährlichkeitsdichte von 0,12 Prozent. Die mit Körperverletzungen verlaufenen Zwischenfälle (durchschnittlich 6- 7 in Köln pro Jahr) ergeben eine Gefährlichkeitsdichte von nur noch 0,02 Prozent.

   Der Deutsche Städtetag weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass es nicht auszuschließen ist, dass bei einem Teil der Zwischenfälle Fehlverhalten der gebissenen Personen (zum Beispiel Provozieren des Hundes) oder anderes menschliches Fehlverhalten (Vernachlässigung der Aufsichtspflicht bei Kindern) ursächlich oder mitursächlich ist.

   Zahlenangaben - immer wieder zitiert, aber nie belegt -, wonach in Deutschland jährlich Tausende Menschen von Hunden verletzt werden, sind nunmehr durch das Untersuchungsergebnis des Deutschen Städtetages eindeutig widerlegt, ebenso wie die unhaltbare These, dass bei frei herumlaufenden Hunden generell ein aggressives Verhalten zu befürchten sei.

   Wieso soll ein frei laufender Hund aggressiv sein!?

   Aus Fachkreisen ist zu hören, dass es kaum eine wirkungsvollere Methode gibt, einen Hund zum allgemeinen Umweltrisiko zu machen, als eine allgemeine Leinenpflicht, und dass dauerndes Anleinen beim Hund unweigerlich zu psychischen und physischen Dauerschäden und insbesondere zu Aggressivität führt.

   Auch ohne Einführung eines generellen Leinenzwangs stehen den Ordnungsbehörden ausreichende ordnungsrechtliche Zwangsmittel gegen uneinsichtige Halter gefährlicher Hunde zur Verfügung. Die Maßnahmen reichen von der mündlichen Verwarnung über Bußgelder, Leinen- oder Maulkorbzwang im Einzelfall bis zum absoluten Haltungsverbot.

   Die Untersuchung des Deutschen Städtetages hat jedoch ergeben, dass die Städte im Alltag bei Zwischenfällen mit Hunden es meistens bei einer mündlichen Verwarnung bewenden ließen und nur selten von ihrem Recht Gebrauch machten, im Einzelfall dem Hundehalter Leinenzwang aufzuerlegen.

   Mündliche Verwarnungen wurden pro Jahr und Stadt durchschnittlich elfmal ausgesprochen, Leinenzwang wurde pro Jahr und Stadt durchschnittlich nur viermal auferlegt. Diese geringe Anwendung von Leinenzwang im Einzelfall durch die Kommunen ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass kein Handlungsbedarf für die Einführung eines generellen Leinenzwangs besteht.

   Es trifft also nicht zu, dass von frei herumlaufenden Hunden typischerweise immer und überall hinreichende Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehen.

   Dieser Auffassung hat sich insbesondere der Regierungspräsident von Köln angeschlossen. In einem Schreiben an den Kölner Tierschutzverein führt er aus, es treffe nicht zu, dass durch jeden frei laufenden Hund im gesamten Stadtgebiet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung bestehe. Die Stadt müsse differenzieren, für welche Bereiche eine Anleinpflicht verordnet werden darf. Hierbei habe sie insbesondere zu berücksichtigen, dass Hunde seit Hunderten von Jahren in unserer Gesellschaft als Haustiere gehalten werden und in enger Gemeinschaft mit den Menschen leben.

   Daher sei es keinesfalls zulässig, dass Städte und Gemeinden das artgerechte Halten von Hunden in den Bereichen unverhältnismäßig einschränken, in denen Menschen keiner hinreichenden Gefahr von frei laufenden Hunden ausgesetzt sind. Durch eine allumfassende Anleinpflicht würde diese artgerechte Haltung unmöglich.

Kölner Tierschutzverein

(Quelle: "Leinenzwang, eine Fessel für den Hund" – Interessengemeinschaft Deutscher Hundehalter e.V.)